Mai 2019: Neues Berliner Justizgesetz – Stellungnahme des Vorstandes

Der Gesetzentwurf tritt mit dem Versprechen der Modernisierung und der Erhöhung der Transparenz in der Berliner Justiz an. Kapitel 9, das die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter der verschiedenen Gerichtsbarkeiten betrifft, bedarf der Anpassung. Als Verband haben wir folgende Änderungswünsche im Rahmen der Beteiligung zum Gesetzentwurf eingebracht. Über den Fortgang der Beratung und das Ergebnis werden wir Sie auf unserer Webseite informieren.

Unsere Verbandsanmerkungen im Einzelnen:

1. Derzeit fehlt eine Regelung zum konkreten Verfahren der Schöffenwahl. Die letzte Wahl der Schöffen in 2018 hat gezeigt, dass in den Berliner Bezirken eine wirkliche Auswahl der für das Amt geeigneten Personen nicht stattgefunden hat. Dies kommt schon darin zum Ausdruck, dass die Verwaltungsvorschriften viel zu früh und zu schnell den Weg auf die Zufallsauswahl über das Einwohnermelderegister eröffnen, anstatt bis zum Ende einer konkreten Frist freiwillige Bewerber vorzuziehen. Erst in einem zweiten Schritt sollte eine Auffüllung der Listen durch ergänzende Verfahren stattfinden.

Die derzeitige Regelung im Wege der Verwaltungsvorschrift scheint die Bezirke zu einer nachhaltigen Mobilisierung geeigneter Personen nicht anzuhalten.
In Großstädten wie Dortmund, Essen, Duisburg, Stuttgart, Frankfurt, die doppelt so groß sind wie die Berliner Bezirke, sind Benennungen der Schöffen auch ohne Anwendung des Zufallsverfahrens möglich. Darüber hinaus liegen unserem Verband Informationen vor, dass zahlreiche Freiwillige abgelehnt wurden, weil die Listen bereits nach dem Zufallsprinzip aufgefüllt wurden.

2. Der § 52 des Entwurfes räumt den landwirtschaftlichen Berufsvertretungen lediglich ein Anhörungsrecht vor der Aufstellung der Vorschlagslisten für die ehrenamtlichen Richter nach dem Landwirtschaftsverfahrensgesetz ein. Hier sollte zumindest ein Vorschlagsrecht als stärkeres Instrument der Beteiligung bei der Berufung der ehrenamtlichen Richter vorgesehen werden. Da nach § 4 LwVfG die Länder das Verfahren der Aufstellung der Vorschlagsliste bestimmen, können den Berufsverbänden stärkere Beteiligungsmöglichkeiten als lediglich ein Anhörungsrecht eingeräumt werden.

3. Die Überschrift des § 52 sollte entsprechend der anderen Überschriften im Abschnitt „Ehrenamtliche Richterinnen und Richter“ in

„Ehrenamtliche Richterinnen und Richter für Landwirtschaftssachen“

geändert werden.

4. Analog zu den in Abschnitt 2 (Fachgerichtsbarkeiten) benannten Gerichten, sollten zur besseren Lesbarkeit und für das Verständnis der Bürgerinnen und Bürger alle ehrenamtlichen Richterinnen und Richter aufgeführt werden auch wenn ein ggf. bestehendes Gesetz deren Verfahren zu Benennung bereits regelt.
Diese sind daher ff. in weitere Paragraphen aufzunehmen:
– ehrenamtliche Richterinnen und Richter des Finanzgerichts
– ehrenamtliche Richterinnen und Richter des Verwaltungsgerichts
– ehrenamtliche Richterinnen und Richter des Arbeitsgerichts

5. Da die Gerichtsbarkeiten in Berlin und Brandenburg teilweise harmonisiert wurden, eröffnet dieses Modernisierungsgesetz die Übernahme der Kündigungsschutzregelung für ehrenamtliche Richterinnen und Richter (aller Gerichtsbarkeiten) aus der Brandenburger Verfassung (siehe Artikel 110, Abs. 1. Satz 2) in das Berliner Justizgesetz. Als Bund der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter der Länder Brandenburg und Berlin würden wir eine solche Regelung begrüßen.